Viele, die das Wort „Ablass“, empfinden Unbehagen. Martin Luther geriet wegen des Ablasses in theologische Auseinandersetzungen mit Rom. Der Ablassstreit war auslösendes Moment der Kirchenspaltung. Die Kirche hat auch nach dem II. Vatikanischen Konzil am Ablass festgehalten.
Ohne das nötige Bewusstsein von Sünde und Schuld gibt es keinen Zugang zum Ablass. Es ist wichtig, sich im Hinblick auf bestimmte Situationen bewusst zu machen: Ich habe mich von Gott, seinem Willen und seiner Liebe losgemacht; ich habe mich Gott und seiner Liebe entzogen.
Zu diesem ersten Schritt muss ein zweiter kommen: Wer an die Liebe Gottes glaubt, wird erkennen müssen, dass er durch sein eigenes Verfehlen auch mitschuldig wird an einer Welt, die unerlöst und friedlos, ungerecht, voller Konflikte und Schmerzen ist. Wer glaubt, wird diese Erkenntnis immer wieder ummünzen in die Bereitschaft umzukehren. Umkehr geschieht vor allem im Gebet, im Lesen des Wortes Gottes, im Gottesdienst, im Bußgottesdienst und vor allem im Empfang des Bußsakramentes. In diesem Sakrament gibt Gott dem Sünder nicht nur Vergebung, sondern auch die Zusage seines Beistandes, des Hl. Geistes.
Zentral für das Verständnis des Ablasses ist eine notwendige Unterscheidung: Sünde und Schuld auf der einen Seite, Schaden und folgen auf der anderen Seite. Die Sünde ist zwar vergeben, aber was ist mit den Folgen?
Jede Sünde hat ihre Strafe in sich selbst. Mit der Vergebung der Sünde sind noch nicht alle Folgen der Sünde (Sündenstrafen) aus der Welt geschafft. Es bedarf einer besonderen Anstrengung des Aufarbeitens oder Wiedergutmachens.
Im Bemühen um Korrektur, in dem oft schmerzhaften Abtun von Gewohnheiten, in dem ehrlichen Willen zum Aufarbeiten, bietet uns die Kirche ihre Hilfe an, ihre Fürbitte, ihr stellvertretendes Einstehen vor Gott.
Der Ablass ist die Zusage der Kirche durch ihre obersten Seelsorger, den Papst, dass sie dem, der sich in ihrem Sinne um Wiedergutmachung bemüht, zur Seite steht.
Die Kirche ist ein lebender Organismus, in welchem Gebet, Opfer, Liebe, Leiden, gute Taten, Verfolgung und Sterben für Christus, alles, was heilige Glieder der Kirche getan haben und tun, vor alles was Jesus Christus selber getan hat, dem umkehrwilligen Sünder zu Gute kommen. Je mehr sich einer dieser Hilfestellung anvertraut, um so mehr darf er hoffen, dass die Folgen seiner Schuld vollkommen in Ordnung kommen.
Wer einen Ablass gewinnt, erhält keine Amnestie, er gewinnt für sein Bemühen den Beistand der kirchlichen Gemeinschaft. Was aus der Sünde folgt, was wir nicht einfach ungeschehen machen können, kann nicht mit einem Federstrich annulliert werden. Der Büßer darf gewiss sein, dass er in Gemeinschaft mit Christus und allen Heiligen jene Kraft, jene Gnade, jenen Beistand erhalten wird, den er nötig hat, um seinen Umkehrweg zu Ende zu gehen. Die Kirche versichert ihm aufgrund seines guten Willens: Es wird alles gut.
Der Portiunkula-Ablass kann am 02. August oder am darauf folgenden Sonntag (ab 12 Uhr des Vortages bis 24 Uhr des betreffenden Tages) in den Ordenskirchen und öffentlichen Kapellen der franziskanischen Ordensfamilien, in allen Pfarrkirchen u. in den Filialkirchen mit eigenem Sprengel, jedoch nur einmal insgesamt als vollkommener Ablass gewonnen werden.
Voraussetzungen sind der Besuch einer dieser Kirchen mit dem Gebet Vaterunser u. dem Glaubensbekenntnis, sowie die üblichen Bedingungen: Beichte mit entschlossener Abkehr von jeder Sünde, Kommunionempfang und Gebet nach Meinung des Hl. Vaters (z.B. Vaterunser und Gegrüßet seist du, Maria oder ein anderes Gebet nach freier Wahl).
Die drei zuletzt genannten Bedingungen können mehrere Tage vor oder nach dem Kirchen-besuch erfüllt werden. Fehlt die volle Disposition od. bleibt eine der Bedingungen unerfüllt, gewinnt man einen Teilablass.